07.07.2022

Forschungsvorhaben zur Störungstoleranz des Ziegenmelkers

Ziegenmelkermännchen Anton an seinem Tagesruheplatz (© Stefan Sudmann)

Die NWO hat gemeinsam mit Partnern aus der Naturschutzplanung im Jahr 2020 ein Forschungsvorhaben zur Störungstoleranz des Ziegenmelkers gestartet. Untersucht wird, wie diese seltene Vogelart auf eine Großveranstaltung in unmittelbarer Nähe ihres Brutlebensraumes reagiert. Methodisch kommen dabei Wildtierkameras und die Verfolgung mittels Telemetrie zum Einsatz.

Der Ziegenmelker (auch Nachtschwalbe genannt) ist eine nachtaktive Vogelart, die am Boden brütet. Von dieser Vogelart nisten in Nordrhein-Westfalen gerade mal 250 Paare, weshalb sie in der Roten Liste der Brutvogelarten Nordrhein-Westfalens in der Kategorie „Stark gefährdet“ geführt wird. Gleichzeitig genießt der Ziegenmelker den höchsten Schutzstatus in der EU.

Die Art ist besonders empfindlich gegenüber den Störreizen Lärm und Licht und ist daher als Modellart für störungsbiologische Untersuchungen prädestiniert. Gerade im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW treten leicht Konflikte zwischen dem Vogelschutz und der Landschaftsnutzung durch den Menschen auf. Neben direkten Effekten, wie z. B. den Konflikten in der intensiven Landwirtschaft mit Bodenbrütern, gibt es auch indirekte Effekte durch Veranstaltungen auf Bruten in der Umgebung. Dabei ist es vielfach unklar, inwieweit Störungen durch Großveranstaltungen bei Brutvogelbeständen relevant sind. So liegen z. B. zum Thema Feuerwerk außer zu Silvester nur wenige Einzelbeobachtungen, aber noch keine systematischen Untersuchungen vor, die ein unklares Gesamtbild ergeben. Selbst Fachbehörden stehen vor dem Problem, dass sie nicht wissen, ob und wie sie solche Veranstaltungen reglementieren oder gar verbieten müssen oder ob dies zum Schutz der Vogelwelt gar nicht notwendig ist. Die NWO hat sich deshalb dazu entschlossen, sich diesem Problemfeld intensiver zu widmen, da NRW aufgrund der hohen Bevölkerungsdichte hierfür geradezu prädestiniert ist.

Der Sender wird auf den Schaft der mittleren Steuerfeder geklebt (© Stefan Sudmann)

Deshalb wurden in einer Voruntersuchung im Sommer 2020 drei Ziegenmelkermännchen gefangen und besendert. Der Fang von Weibchen gelang zwar nicht, aber über die Ortung der Tagesruheplätze der Männchen wurden die Nester in der Nähe gefunden. An benachbarten Bäumen wurden Nestkameras installiert, die nun Aufschluss über die nächtlichen Aktivitäten geben sollen. Gleichzeitig werden die Aktivitäten der Männchen mittels Peilstationen im Gelände überwacht. Licht- und Schallmessungen komplettieren die Datenaufnahme. Wegen der Corona-bedingten Einschränkungen gab es 2020 nur wenige Störreize, so dass dieses Jahr als Testlauf und Vergleichswert genutzt wird. Gleichzeitig soll die Telemetriedatenerfassung optimiert werden.

Erste Ergebnisse

Bis Mitte 2021 konnten die Ergebnisse der Vorstudie ausgewertet werden. Insgesamt wurden allein 3.612 Bild- und Videodateien wurden ausgewertet. In den drei kontrollierten Revieren wurden jeweils zwei Küken flügge, eine ausgezeichnete Nachricht, denn Ziegenmelker legen auch nur zwei Eier. Die Wildkameras zeigen, dass der Bruterfolg möglicherweise durch Viehtritt und in geringerem Umfang auch durch Prädation gefährdet ist - ein Rotfuchs lieg unmittelbar an einem Gelege vorbei. In jedem Fall müssen zukünftig auch die technischen Anlagen besser geschützt werden. Wildtierkameras sind bei Kühen durchaus auch als Kratzhilfe beliebt. Bei einem Männchen konnte anhand der Senderortung der Abzug verfolgt werden. Der nach dem Verlassen des Brutgebiets nächstgelegene Tagesruheplatz befand sich ca. 1.750 m südlich auf einer Kiefer. Bei der nächsten Kontrolle eine Woche später war der Vogel dann in Richtung Afrika abgezogen.

Weibchen mit zwei Küken - Wildtierkamera
(© Stefan Sudmann)

Wegen der anhaltenden Corona-Pandemie lief das Projekt 2021 nur auf niedrigem Level weiter. Aber auch ohne besenderte Vögel wurde wieder ein Nest gefunden und wird mit Hilfe von zwei Wildkameras überwacht. Bei der letzten Kontrolle waren beide Küken geschlüpft und wurden beringt. Das Ganze wurde von der Mutter überwacht, die sich nur wenige dutzend Meter vom Geschehen aufhielt. Im Jahr 2022 kamen erneut Wildtierkameras zum Einsatz.

Da die Untersuchung einen größeren Materialeinsatz und Spezialwissen erfordert, wird sie in Kooperation mit den Büros Graevendal GbR und STERNA durchgeführt. Die Finanzierung ist von der Stöckmann-Stiftung übernommen worden, bei der wir uns herzlich bedanken. Die für eine solche Studie erforderlichen Genehmigungen wurden erteilt. Die Projektleitung liegt bei Stefan R. Sudmann und die ehrenamtliche Begleitung für die NWO bei Barbara C. Meyer.

 

 

Ansprechpartner

Barbara C. Meyer & Stefan R. Sudmann

Eickestall 5
47559 Kranenburg

E-Mail: Stefan R. Sudmann