05.09.2024

Wahl zum Vogel des Jahres 2025 – Kandidatencheck aus NRW-Sicht

Es ist wieder soweit – die Wahl zum Vogel des Jahres steht bevor. Welche Vogelart soll 2025 stellvertretende Botschafterin eines wichtigen Naturschutzthemas werden? NABU und LBV lassen die Bevölkerung abstimmen: Jede*r kann sich noch bis zum 10. Oktober 2023 an einer der erfolgreichsten PR-Aktionen für den Vogelschutz beteiligen (www.vogeldesjahres.de). Wir stellen Ihnen die fünf Kandidaten aus NRW-Sicht vor – als neutraler „Wahlomat“ selbstverständlich in systematischer Reihenfolge.

 

Kranich Grus grus

Kranich
Kranich (© Hans Glader)

Kraniche gelten als Erfolgsart im Vogelschutz. Einst stand die Art insbesondere in Westdeutschland als Brutvogel kurz vor dem Aussterben. Mittlerweile haben sich die Bestände erholt und die Vögel haben sich ausgebreitet. Infolgedessen wurde im Jahr 2008 im Oppenweher Moor die erste Brut seit Beginn konkreter ornithologischer Aufzeichnungen in NRW registriert. Dort brütet die Art bis heute. Der aktuelle Landesbestand liegt bei rund 25 Brutpaaren und Siedlungsschwerpunkte sind verschiedene Moore und Feuchtgebiete in Westfalen. Eine Besiedlung des Rheinlandes steht noch aus. Kraniche stehen damit für die dringend notwendige Wiedervernässung unserer Moore – eine der Maßnahmen, die wie kaum eine andere Klimakrise und Naturkrise gemeinsam angeht. In trockenen Jahren ist der Bruterfolg deutlich geringer und Kraniche könnten zukünftig damit auch Opfer der Klimakrise werden. Als Durchzügler sind Kraniche auch außerhalb der Brutgebiete vielen Menschen bekannt, ziehen doch jedes Frühjahr und jeden Herbst zehntausende Vögel oft laut trompetend in V-Formation über NRW. Bei uns stehen Kraniche als „extrem selten“ auf der Roten Liste der Brutvögel.

 

 

Schwarzstorch Ciconia nigra

Schwarzstorch
Schwarzstorch (© Hans Glader)

Schwarzstörche gehören zu den heimlichsten Brutvögeln unseres Landes. Sie besiedeln Feuchtgebiete und Wälder mit Bachtälern. Einst auch im Tiefland verbreitet, waren sie jahrzehntelang bei uns ausgestorben. Strenger Schutz hat zu einer Erholung der Bestände geführt und 2015 brüteten um die 120 Paare in den Mittelgebirgen unseres Bundeslandes. Seitdem nehmen die Bestände aber rapide ab und im Tiefland treten Schwarzstörche auch weiterhin nur als seltene Durchzügler auf. Als Ursache für den jüngsten Bestandseinbruch wurden störungsrelevante Abholzungen durch die Forstwirtschaft, Nahrungsmangel durch austrocknende Gewässer und Störungen durch Freizeitnutzungen identifiziert. Die Art ist auch indirekt durch die Klimakrise betroffen, reagiert sie doch empfindlich auf die Errichtung von Windkraftanlagen und auch Kollisionen sind nachgewiesen. Schwarzstörche sind damit in NRW Botschafter für den Vogelschutz im Wald des 21. Jahrhunderts. Als Langstreckenzieher sind sie zusätzlich auf dem Zug und im Winterquartier vielfältigen Gefahren ausgesetzt. In NRW mussten Schwarzstörche jüngst wieder in die Rote Liste als „gefährdet“ aufgenommen werden.

 

 

Waldohreule Asio otus

Waldohreule
Waldohreule (© Angelika Meister)

Waldohreulen sind weit verbreitete Brutvögel in NRW, die sowohl im Tiefland wie im Mittelgebirge brüten. Sie leben in Feldgehölzen, an Waldrändern, aber auch in Parks, auf Friedhofen und manchmal auch in großen Gärten. Sie sind wie die meisten Eulen nachtaktiv und ernähren sich in der Regel von Mäusen und anderen Kleinsäugern. Im Vergleich zu anderen Eulenarten erhalten Waldohreulen relativ wenig Aufmerksamkeit und unser Wissen über Bestände und Trends ist sicher verbesserungswürdig. Zur Brut nutzen sie alte Nester von Elstern und Rabenkrähen, die oft im Siedlungsraum brüten (andernorts werden diese Vögel leider vielfach getötet). Die hohen fiependen Rufe bettelnder junger Waldohreulen sind wenig bekannt und sorgen immer mal wieder für besorgte Anfragen. Im Winter bilden Waldohreulen manchmal Schlafgemeinschaften. Eine Wahl zum Vogel des Jahres würde die Bekanntheit der Waldohreule in der Öffentlichkeit sicher deutlich steigern. Waldohreulen leiden unter Lebensraumverlust und stehen als „gefährdet“ auf der Roten Liste der Brutvögel von NRW.

 

 

Schwarzspecht Dryocopus martius

Schwarzspecht
Schwarzspecht (© Hans Glader)

Schwarzspechte sind die größten europäischen Spechte. Im 19. Jahrhundert haben sie begonnen, weite Teile Mitteleuropas zu besiedeln und sich dabei auch in NRW ausgebreitet. Sie bewohnen vor allem alte Wälder und kommen verbreitet in Buchenhallenwäldern vor, da sie in den großen Stämmen ihre Schlaf- und Bruthöhlen anlegen können. Die großen Höhlen locken Hohltauben, Dohlen, Säugetiere und zahllose Wirbellose als Nachmieter an. Schwarzspechte benötigen stehendes Totholz, in denen sie Insektenlarven finden. Auch Ameisen stehen auf ihrer Speisekarte. Als Vogel des Jahres stünde der Schwarzspecht für eine naturnahe Forstwirtschaft ebenso wie für Wildnisgebiete im Wald. Wer bei der Erfassung von Bestandstrends von Schwarzspechten mitmachen möchte, kann sich am Spechtmodul im Rahmen des Monitorings seltener Brutvögel beteiligen. Da die Bestände weitestgehend stabil bis zunehmend sind, gelten Schwarzspechte unserer Roten Liste nach als ungefährdet.

 

 

Hausrotschwanz Phoenicurus ochruros

Hausrotschwanz
Hausrotschwanz (© Darius Stiels)

Hausrotschwänze sind typische Kulturfolger. Als ursprüngliche Felsbewohner der Hochgebirge leben sie heute in Städten und Dörfern, kommen auch an Einzelgehöften vor und sind auf dem Durchzug in einer Vielzahl offener Lebensräume anzutreffen. Der knarzende Gesang, der meist als erster am frühen Morgen noch in nahezu vollständiger Dunkelheit erklingt, ist an mittelalterlichen Kirchen ebenso zu hören wie an Steinbrüchen, Industrieanlagen und Innenstädten. Als Gebäudebrüter brauchen Hausrotschwänze Ecken und Nischen an Gebäuden, in denen sie ihr Nest anlegen. An sterilen Fassaden finden sie keine Brutmöglichkeiten, es sei denn, jemand hat mit einem Halbhöhlennistkasten nachgeholfen. Hausrotschwänze repräsentieren in der hier genannten Liste die Vögel des Siedlungsraumes. Sie sind Insektenfresser und überwintern als Kurzstreckenzieher vor allem im Mittelmeerraum. Nur wenige harren den Winter auch in NRW aus. Als häufige Brutvögel ohne bisher größere langfristige Bestandseinbußen gelten Hausrotschwänze bisher als ungefährdet.

 

 

Weiterführende Links

Rote Liste der Brutvögel in NRW
Rote Liste der wandernden Vogelarten in NRW
Kranich im Brutvogelatlas
Schwarzstorch im Brutvogelatlas
Waldohreule im Brutvogelatlas
Schwarzspecht im Brutvogelatlas
Hausrotschwanz im Brutvogelatlas