Warum sehen viele Vögel im Sommer so zerzaust aus?
Im Juli und August sind bei vielen Vögeln alle Tage „bad hair“ oder besser „bad feather days“. Wer sich Meisen und viele andere Singvögel im Garten anschaut, wird immer wieder Vögel sehen, deren Gefieder äußerst struppig ist. Manche Vögel haben sogar kahle Stellen am Körper – Amseln mit nackten Köpfen wirken irritierend und erinnern uns vielleicht wieder daran, dass Vögel Dinosaurier sind (wobei auch viele Nicht-Vogel-Dinos befiedert waren). Die Erklärung ist erstmal recht einfach – die Vögel sind in der Mauser. Die Mauser ist der regelmäßige Gefiederwechsel – alte Federn fallen aus, neue Federn wachsen nach. Federn bestehen aus Keratin und sind nach Ende des Wachstums totes Material – ähnlich wie Haare und Fingernägel. Trotz regelmäßiger Pflege sind sie nach einer gewissen Zeit abgenutzt und werden erneuert.Bei mitteleuropäischen Singvögeln erfolgt die Mauser alljährlich zu einer bestimmten Jahreszeit – Mauser bei tropischen Vogelarten folgt anderen Regeln und ist weiterhin Gegenstand intensiver Untersuchungen. Die Mauser verläuft nicht bei allen Singvogelarten gleich.
Man unterscheidet verschiedene sogenannte Mauserzyklen, je nachdem wie Vögel die Mauser in den Jahresverlauf einbauen. Typisch für viele Standvögel und Kurzstreckenzieher (Wie weit ziehen Zugvögel?) ist eine Vollmauser der Altvögel im Sommer/Spätsommer – nach der Brutzeit (Postnuptialmauser) ist eine günstige Zeit, bevor im Herbst der Wegzug in die Winterquartiere beginnt. Bei anderen Arten gibt es im Sommer nur eine Teilmauser, bei manchen noch eine weitere Teilmauser im Vorfrühling. Einige Langstreckenzieher mausern im Winterquartier. Auch bei den Jungvögeln gibt es einige unterschiedliche Mauserzyklen – frisch ausgeflogene Rotkehlchen sind im Juni/Juli meist noch im gescheckten Jugendkleid. Nach einer Teilmauser, die unter anderem das Körpergefieder umfasst, sehen sie Altvögeln sehr ähnlich und sind oft nur mit Mühe von diesen zu unterscheiden.
Nicht-Singvögel mausern selbstverständlich auch. Im Hochsommer sind z.B. bei den meisten Greifvögeln die Jungvögel ausgeflogen – ihr frisches Jugendkleid ist viel sauberer und natürlich einheitlich. Das Gefieder der Altvögel dagegen wirkt verschlissen und Mauserlücken sind offensichtlich. Bei Rotmilan, Mäusebussard und anderen lassen sich Alt- und Jungvögel oft bereits aus großer Entfernung unterscheiden. Viele Entenvögel mausern im Sommer während der Brutzeit alle Schwungfedern gleichzeitig. Sie sind für wenige Wochen flugunfähig. Die Mauser gilt als physiologisch herausfordernd für die einzelnen Vogelindividuen. Kein Wunder, dass sich viele Vögel im Sommer sehr versteckt aufhalten und nur schwer zu entdecken sind.
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