26.04.2023

Vogel des Jahres – Beobachtungstipps und ein Blick auf die nähere Verwandtschaft

Schwarzkehlchen
Schwarzkehlchen sind die nächsten Verwandten des Braunkehlchens in NRW (© Hans Glader)

Wir berichteten bereits darüber, dass NABU und LBV das Braunkehlchen in einer öffentlichen Abstimmung zum Vogel des Jahres 2023 haben wählen lassen. Wir nutzen diesen Anlass, um auch einen nahen Verwandten, das Schwarzkehlchen, vorzustellen und einige Bestimmungstipps zu geben.

Braun- und Schwarzkehlchen sind beide in derselben Gattung. Sie werden manchmal auch als Wiesenschmätzer bezeichnet und gehören innerhalb der Singvögel zur Familie der Fliegenschnäpperartigen (Muscicapidae). Zwar umfasst die Gattung Saxicola weltweit weitere Arten, in NRW sind es aber nur die zwei genannten. Schaut man in ältere Literatur, war das Braunkehlchen in NRW ein typischer und häufiger Bewohner von Wiesen, oft auf feuchteren Standorten. Schwarzkehlchen können dagegen auch in trockeneren Bereichen wie z.B. in Heidegebieten vorkommen. Auf Englisch heißt das Schwarzkehlchen passenderweise „Stonechat“, was wörtlich übersetzt zu Verwechslungen mit dem Steinschmätzer führen würde. Schwarzkehlchen sind in Europa etwas südlicher verbreitet und fehlen weitestgehend im Baltikum und in Fennoskandien. Das Sibirische Schwarzkehlchen und die Taxa im Bereich des Kaspischen Meeres und des Kaukasus werden manchmal als eigene Arten betrachtet und sind in Westeuropa extreme Ausnahmeerscheinungen.

Nach langer Zeit mit Bestandsrückgängen haben sich die Bestände des Schwarzkehlchen seit Ende des letzten Jahrhunderts erfreulicherweise vielerorts erholt. Mittlerweile leben Schwarzkehlchen auch in den Mittelgebirgen und in einigen Regionen kommen sie auch außerhalb von Schutzgebieten in abwechslungsreichen, vergleichsweise naturnahen Kulturlandschaften vor, ein Lichtblick unter den Trends bei insektenfressenden Vogelarten des Offenlandes. In einigen Gebieten wie z.B. in der Wahner Heide bei Köln brüten Schwarzkehlchen in erstaunlich hoher Dichte. Männchen des Schwarzkehlchens sind kontrastreich gezeichnet und nahezu unverwechselbar. Weibchen werden allerdings immer wieder mit Braunkehlchen verwechselt. Zwar haben weibliche oder junge Braunkehlchen im Herbst einen deutlichen Überaugenstreif, aber manche Schwarzehlchenweibchen können diesen ebenfalls zeigen. Braunkehlchen haben aber im Gegensatz zu Schwarzkehlchen helle basale Schwanzaußenkanten und laden damit manchmal zu Verwechslungen mit Steinschmätzern ein. Ein zweiter Blick auf den fraglichen Vogel sollte daher nicht fehlen und es lohnt sich, mithilfe guter Bestimmungsbücher die Merkmale aller drei Arten ausgiebig zu studieren.

Braunkehlchen
Braunkehlchen im Prachtkleid sind fast unverwechselbar (© Hans Glader)

Bei der Unterscheidung der beiden Arten kann manchmal auch die Jahreszeit einen ersten Hinweis liefern. Nennenswerter Durchzug des Braunkehlchens erreicht NRW meist erst in der letzten Aprildekade und dauert oft bis Ende Mai, Schwarzkehlchen erreichen als Kurzstreckenzieher unsere Brutgebiete dagegen oft schon im März oder überwintern sogar vereinzelt. Bei Meldungen vor Mitte April und ab Ende Oktober handelt es sich fast ausnahmslos um Schwarzkehlchen. Auf dem Wegzug ziehen Braunkehlchen bei uns vor allem ab Ende August bis Anfang Oktober durch. Ende April/Anfang Mai ist demnach auch die beste Zeit, um in NRW auch abseits der wenigen Brutgebiete den Vogel des Jahres im Prachtkleid zu beobachten. Auch der erwähnte Steinschmätzer, der in NRW als Brutvogel nahezu ausgestorben ist, zieht dann durch und manchmal lassen sich alle drei genannten Arten im gleichen Lebensraum beobachten. Weidepfähle und Zäune in offener Landschaft sind typische Sitzwarten, Braunkehlchen rasten zudem auch gerne in Rapsfeldern und Brachen, Steinschmätzer rasten zusätzlich auch auf weitestgehend kahlen Äckern. In der freien Feldflur lohnt es sich, entsprechende Strukturen gezielt mit dem Fernglas oder Spektiv abzusuchen. Wir wünschen viel Freude bei der Beobachtung!

PS: Die NWO plant aktuell auch eine Exkursion zu den Braunkehlchen im Brutgebiet, über die wir Sie in Kürze informieren werden.