17.09.2025

Wahl zum Vogel des Jahres 2026 – Kandidatencheck aus NRW-Sicht

Es ist wieder soweit - die Wahl zum Vogel des Jahres steht bevor. Welche Vogelart soll 2026 stellvertretende Botschafterin eines wichtigen Naturschutzthemas werden? NABU und LBV lassen seit einigen Jahren die Bevölkerung abstimmen: Jede:r kann sich noch bis zum 9. Oktober 2025 an dieser PR-Aktion für den Vogelschutz beteiligen (www.vogeldesjahres.de). Wir stellen Ihnen die fünf Kandidaten aus NRW-Sicht vor – als neutraler „Wahlomat“ selbstverständlich in systematischer Reihenfolge.

 

Rebhuhn Perdix perdix

Rebhuhn
Rebhuhn (© Hans Glader)

Das Rebhuhn steht wie nur wenige Arten für den Schwund der Artenvielfalt in unserer Agrarlandschaft. Einst waren die Vögel auf allen Äckern und Gründlandflächen ausgesprochen häufig und jedem Kind bekannt. In den letzten Jahrzehnten kam es jedoch zu einem massiven Bestandsrückgang, der die Vögel zu einem seltenen Anblick hat werden lassen. Bestandstrends werden im Rahmen des MsB Rebhuhn überwacht. In NRW ist die Art zwar zumindest im Tiefland immer noch einigermaßen weit verbreitet, es gibt aber bereits größere Verbreitungslücken. Schwerpunkte gibt es noch in einigen Börderegionen. In strukturarmen Monokulturen aus Energiepflanzen können die Vögel nicht überleben, Wegraine und Grünländer sind verschwunden oder durch Mahd ungeeignet geworden und Überdüngung sowie Pestizideinsatz verringern die Nahrungsgrundlage. In strukturarmen Lebensräumen gibt es zudem keinen Schutz vor Prädatoren wie Füchsen, sodass das Überleben des Geleges und der brütenden Weibchen vielfach nicht mehr sicher ist. Helfen können spezielle Agrarumweltmaßnahmen, z.B. im Rahmen des Vertragsnaturschutzes. Angewandte Forschungsprojekte am Rebhuhn, national wie international, haben mittlerweile aufgezeigt, wie dieser Feldvogel zu retten ist. Jetzt geht es daran, die Maßnahmen gemeinsam mit der Landwirtschaft auch großflächig umzusetzen, damit das Rebhuhn langfristig bei uns überleben kann. In NRW gilt das Rebhuhn laut aktueller Roter Liste als stark gefährdet. NABU und LBV werben mit der Art für „Felder voller Leben“.

 

 

Zwergtaucher Tachybaptus ruficollis

Zwergtaucher
Zwergtaucher (© Hans Glader)

Zwergtaucher gehören wahrscheinlich eher zu den weniger bekannten Wasservögeln unserer Gewässer. Sie brüten vor allem auf flachen, vegetationsreichen Seen, Teichen und Weihern. Während des bei uns vor allem im Herbst auffälligen Durchzugs oder auch im Winter sind sie auch auf Fließgewässern anzutreffen. Sie sind deutlich kleiner als ihre meist leichter zu beobachtenden Verwandten. Mit Haubentaucher & Co gehören Zwergtaucher zu den Lappentauchern, so genannt wegen ihrer charakteristischen Schwimmfüße. Die nächsten Verwandten der Lappentaucher sind übrigens die Flamingos. Zwergtaucher sind exzellente Taucher, die unter Wasser nach Insekten bzw. deren Larven, Fischen und Amphibien jagen. Mit ihrem kontrastreich gefärbten rotbraunen und schwarzen Gefieder sind Zwergtaucher im Prachtkleid ein echter Hingucker. Manchmal taucht nur der Kopf aus dem Wasser auf, aber oft liegen Zwergtaucher sehr hoch im Wasser, so dass das Hinterende weit herausragt. Wer ihren trillernden Ruf kennt, wird Zwergtaucher sehr viel häufiger feststellen, sind sie doch in dichter Ufervegetation oft gar nicht leicht zu entdecken. In NRW sind Zwergtaucher vor allem im gewässerreichen Tiefland verbreitet, aber auch in den Mittelgebirgen gibt es Vorkommen. Im Brutvogelatlas werden für den Zeitraum 2005 bis 2009 1100 bis 1600 Reviere angegeben. Die Bestände können jedoch in Abhängigkeit von der Wasserverfügbarkeit stark schwanken. Wer selbst Zwergtaucher erfassen möchte, kann sich am MsB Binnengewässerarten beteiligen. NABU und LBV werben mit dem Spruch „Tauchen statt Trockenlegen“ mit der Art für den Erhalt und die Wiederherstellung von Feuchtgebieten und naturnahen Stillgewässern.

 

 

Schleiereule Tyto alba

Schleiereule
Schleiereule (© Hans Glader)

Eulen üben seit jeher als nachtaktive Vögel eine besondere Faszination auf Menschen aus und unter diesen haben Schleiereulen nochmal eine Sonderstellung inne. Sie sind die einzigen europäischen Vertreter einer eigenen Eulengruppe. Ihr helles Gefieder und die fauchenden Rufe können einerseits etwas unheimlich wirken, andererseits sind sie eng an das Leben in der Nähe des Menschen angepasst. Natürliche Brutplätze sind selten, die meisten Schleiereulen brüten in Gebäuden wie Scheunen, Kirchtürmen oder auf Dachböden. Nicht selten werden Nistkästen angenommen, die von Aktiven im Vogelschutz betreut werden. Sie erbeuten vor allem Kleinsäuger im Offenland und dementsprechend schwanken ihre Bestände sehr stark in Abhängigkeit von der Verfügbarkeit von Feldmäusen. In manchen Jahren brüten Paare gar nicht, in anderen folgen mehrere Bruten mit vielen Jungen aufeinander, eine Strategie, die sonst in dieser Form in der heimischen Vogelwelt so kaum zu beobachten ist. Nach kalten Wintern mit hoher Schneedecke oder Firn, die die Jagd behindern, brechen die Bestände oft zusammen. Schnee und Eis sind aufgrund des Klimawandels seltener geworden, die Bestände entwickelten sich kurzfristig positiv, langfristig betrachtet bleibt die Bestandsentwicklung aber negativ. Für die Jahre 2005 bis 2009 wurde der Bestand in NRW auf 3400 bis 5500 Paare geschätzt, wobei die Hochlagen der Mittelgebirge oft unbesiedelt sind. Mit dem Wahlspruch „Gib mir ein Dach“ wird vor allem für Nistmöglichkeiten geworben, Schleiereulen benötigen aber auch eine ausreichende Nahrungsgrundlage und viele Vögel sterben auch, da sie nicht selten im Bereich von Straßen und Bahnlinien nach Nahrung suchen.

 

 

Waldohreule Asio otus

Waldohreule
Waldohreule (© Hans Glader)

Unter den Kandidaten für den Vogel des Jahres findet sich eine weitere Eulenart, mit der Waldohreule vielleicht die unbekannteste unter den weit verbreiteten Eulenarten. Äußerlich erinnern Waldohreulen mit ihrem braunen Gefieder, den auffälligen Federohren und orangen Augen an die viel größeren Uhus. Auch der Gesang, ein in kurzem Abstand wiederholtes „Hu“, erinnert an den großen Cousin und ist vielleicht eine Form von Mimikry. In NRW kommen Waldohreulen in allen Großregion vor und leben sowohl im Tiefland als auch im Mittelgebirge. Anders als der Name vermuten lässt, brüten Waldohreulen eher in Feldgehölzen oder am Waldrand. Sie leben auch in Siedlungen, z.B. in Parks und großen Gärten, wo alte Rabenkrähen- und Elsternester Brutmöglichkeiten bieten. Waldohreulen zu beobachten ist aufgrund der heimlichen Lebensweise nicht einfach. Am auffälligsten sind sicherlich die hohen Bettellaute der Jungvögel. Im Winter bilden Waldohreulen nicht selten Schlafgemeinschaften und sind dann auch tagsüber zu beobachten. Der Wahlspruch „Ohren auf, Vielfalt an“ weist darauf hin, dass Waldohreulen auf eine reich strukturierte artenreiche Landschaft angewiesen sind. Hier jagen sie ihre Beute, vor allem Kleinsäuger. Ähnlich wie bei der Schleiereule kommt es auch bei Waldohreulen zu Verlusten im Verkehr. Für den Atlaszeitraum vor mehr als 15 Jahren werden für NRW 2500-5500 Reviere angegeben, wobei Schwerpunktvorkommen im Münsterland liegen. Bestandabnahmen haben dazu geführt, dass Waldohreulen in NRW als „gefährdet“ in der Roten Liste der Brutvögel geführt werden müssen.

 

 

Amsel Turdus merula

Amsel
Amsel (© Hans Glader)

Amseln sind in NRW die häufigsten Brutvögel im Siedlungsbereich und bedürfen eigentlich kaum einer weiteren Vorstellung. Die ehemaligen scheuen Bewohner schattiger Wälder singen auf Hausdächern und fehlen selbst in Hochhaussiedlungen nicht, sofern es einzelne Bäume oder Gebüsche gibt. Regenwürmer werden auf kurzrasigen Flächen inklusive Vorgärten und Sportplätzen gesucht. Amseln können mehrfach im Jahr brüten und so Verluste meist wieder ausgleichen. In NRW sind sie ganzjährig zu beobachten. Amseln stehen also stellvertretend für die Artenvielfalt im Siedlungsbereich. Darauf weist auch der Wahlspruch von NABU und LBV „Beeren statt Beton“ hin. Insbesondere außerhalb der Brutzeit fressen Amseln wie die meisten Drosseln an Früchten. Jetzt im Herbst sieht man sie beispielsweise an Weißdornbeeren und auch heruntergefallene Äpfel werden genommen. In versiegelten „Gärten des Grauens“, wie Stein- und Betongärten vor allem im Internet vielfach genannt werden, finden selbst Amseln keine Nahrungs- und Brutmöglichkeiten. Die Amselbestände sind in den letzten Jahren zudem regional durch Ausbrüche des Usutu-Virus reduziert worden. Fachpublikationen, die das genaue Ausmaß in NRW explizit und genau beleuchten, gibt es aber nicht. Junge Amseln werden nicht selten Opfer von Hauskatzen und Amseln werden Opfer des Straßenverkehrs. Es gibt also durchaus Naturschutzthemen, die anhand der Amsel beleuchtet werden können. Der Kurzzeittrend in NRW gilt laut letzter Roter Liste als stabil. Der Brutvogelatlas gab eine Bestandsspanne von 930.000 bis 1.100.000 Brutpaaren für NRW an.

 

 

Weiterführende Links

Rote Liste der Brutvögel in NRW
Rote Liste der wandernden Vogelarten in NRW