Was tun, wenn man einen Jungvogel findet?

Heckenbraunelle
Juvenile Heckenbraunelle mit noch nicht ausgewachsenen Steuerfedern und sichtbarem Schnabelwulst (© Darius Stiels)

Die Brutzeit der meisten Vogelarten in Mitteleuropa erstreckt sich vom Frühjahr bis in den Spätsommer. Manchmal werden schon im April die ersten jungen Amseln gesehen, Ringeltauben können fast das ganze Jahr über brüten. Sitzt ein Jungvogel scheinbar hilflos auf dem Boden, ist ein Eingreifen meist gar nicht nötig.

Jungvögel erkennt man bei vielen Singvögeln an dem oft fleckigeren Gefieder. Junge Amseln, Rotkehlchen, Heckenbraunellen und andere sind bräunlich gestrichelt – eine gute Tarnung vor möglichen Prädatoren. Dieses Jugendkleid tragen junge Singvögel meist nur wenige Wochen und mausern bereits im Laufe des Sommers in ihr erstes Winterkleid, das oft schon große Ähnlichkeit mit dem der Altvögel hat. Zudem haben Jungvögel auch noch nach Verlassen des Nestes einen auffälligen Schnabelwulst. Dieser ist oft auch auffällig gefärbt, nicht selten gelblich oder rötlich und signalisiert den Eltern, wo das Futter hineinkommt. Beim Verlassen des Nestes sind oft auch noch nicht alle Federn ausgewachsen.

Findet man einen voll befiederten Vogel, der einen gesunden Eindruck macht, besteht kein Grund zur Beunruhigung. Sie können ihn erst einmal länger aus einiger Entfernung beobachten, sollten aber sicher sein, dass Sie wahrscheinlich anwesende Altvögel nicht stören. Jungvögel der meisten Nesthocker, die das Nest bereits verlassen haben, sich aber noch nicht selbst versorgen und noch nicht richtig fliegen können, werden von den Eltern noch eine Zeitlang mit Futter versorgt. Sommerliche Familienverbände z.B. vieler Meisen sind ein gewohnter Anblick in unseren Gärten. Nur wenn Katzen in der Nähe sind oder der Vogel auf einer vielbefahrenen Straße sitzt, sollten Sie ihn umsetzen, am besten an einen erhöhten Ort, wie z.B. eine Astgabel oder in eine Hecke. Die Altvögel sind sicherlich in der Nähe und werden den Vogel weiter versorgen. Nur in ganz, ganz wenigen Ausnahmefällen können weitere Maßnahmen erforderlich sein.

Rotkehlchen
Rotkehlchen mausert vom Jugendkleid ins erste Winterkleid (© Darius Stiels)

Ist der Jungvogel noch nicht oder kaum befiedert, sollten Sie in der Umgebung vorsichtig nach dem Nest suchen. Können Sie es erreichen, setzen Sie das Vogeljunge wieder ins Nest zurück, am besten, wenn die Eltern gerade nicht anwesend sind und zusehen können. Die Berührung des Jungvogels stört die Vogeleltern dagegen nicht. Nur wenn das Nest zerstört wurde, Sie es nicht erreichen können oder wenn beide Elternteile tot sind oder das Vogeljunge verletzt ist, sollten Sie sich seiner kurzfristig annehmen.

In akuten Situationen, z.B. weil das Nest sehr hoch gelegen ist, hilft die Tierrettung der Feuerwehr. Kontaktieren Sie bei verletzten Vögeln eine Tierarztpraxis oder eine Wildvogelpflegestation. Eine Liste von Auffangstationen gibt es beispielsweise hier. Bevor Sie einen Vogel selbst bei sich aufnehmen, überlegen Sie, ob Sie genügend Zeit für regelmäßige Fütterungen und Geld für das richtige Futter und eventuelle Tierarztbesuche aufbringen können. Auch hier empfehlen wir den Kontakt zu einer Wildvogelpflegestation. Die Entnahme eines Wildtieres ist grundsätzlich verboten und Sie benötigen für die Aufzucht in der Regel eine entsprechende Genehmigung.

 

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