Aktuelle Meldungen

06.12.2021

Neue Bestandszahlen für den Weißstorch

Weißstorch
Es gibt neue Bestandszahlen für den Weißstorch in NRW (© Hans Glader)

Vor rund 30 Jahren standen Weißstörche in NRW kurz vor dem regionalen Aussterben. Seitdem hat eine erfreuliche Bestandserholung stattgefunden. Im Jahr 2020 wurden 450 Horstpaare erfasst, die 873 Jungvögel hatten. Einen detaillierteren Überblick über die Bestandsentwicklung gibt es bei unserer AG Weißstorch.

Wir danken allen Weißstorchschützer*innen in NRW, ohne die diese positive Entwicklung nicht möglich gewesen wäre.

Eine weitere Analyse und Einordnung der Bestandsentwicklung folgt demnächst.

 

 

04.12.2021

Neu auf der NWO-Homepage: Wintergänsezählung

Blässgänse
Blässgänse werden in NRW über die Wintergänsezählung erfasst (© Hans Glader)

NRW ist Gänseland und hat damit eine besondere, sogar international bedeutende Verantwortung für den Schutz dieser Vogelgruppe. Vor allem in den Tieflandregionen des Unteren Niederrheins und der Weseraue überwintern alljährlich Tausende nordische Gänse. Neben Blässgänsen sind es auch Tundrasaatgänse, Weißwangengänse, Graugänse und einige seltenere Arten. Auch andernorts, z.B. im Münsterland und in den Auen von Rur, Lippe und Sieg können im Winter Gänse beobachtet werden, die ihr Brutgebiet in der arktischen Tundra und Taiga haben und die kalte Jahreszeit bei uns verbringen. Einige Gänsearten sind bedroht, es gibt aber auch Konflikte mit der Landwirtschaft und der Erholungssuchung. Umso wichtiger ist es, mit genauen Daten zu einer versachlichten Debatte beitragen zu können! Das Monitoring der Gänse hat in NRW eine lange Tradition und zahlreiche Zähler*innen beteiligen sich allwinterlich an den Erfassungen. Informationen zur Wintergänsezählung finden sich ab sofort hier. Interessierte sind jederzeit willkommen. Einen Überblick und den Vergleich mit unseren anderen Monitoringprogrammen gibt es wie gewohnt in unseren Aktivitäten. Die Wintergänsezählung wird von der AG Gänse koordiniert.

 

 

18.11.2021

Wiedehopf ist Vogel des Jahres 2022

Wiedehopf
So sehen Sieger aus: Wiedehopf
(© Hans Glader)

Zum zweiten Mal in Folge haben NABU und LBV zur Wahl des Vogel des Jahres aufgerufen. Traditionell erfolgte die Wahl durch ein Expertengremium. Seit zwei Jahren kann jedoch jede*r mitentscheiden. Nachdem im letzten Jahr die Wahl unter ganz vielen hemischen Vogelarten möglich war, gab es diesmal jedoch eine Vorauswahl. Der Sieger wurde heute bekanntgegeben. Der Wiedehopf setzte sich mit 31,9 % der Stimmen vor der Mehlschwalbe (24,4 %) durch. Wir gratulieren ganz herzlich!

Wiedehopfe haben vermutlich nur wenige glückliche Beobachter*innen einmal in NRW beobachtet. Als Durchzügler erscheinen sie ziemlich selten, wenn auch manchmal an ungewöhnlichen Orten - selbst aus Stadtgärten liegen Beobachtungen vor. Sie waren aber einst auch regelmäßige Brutvögel in NRW. Wer alte Literatur studiert oder Präparate in naturkundlichen Sammlungen untersucht, wird feststellen, dass die Art im 19. Jahrhundert noch vielfach ein verbreiteter Brutvogel war. Wahrscheinlich setzte aber schon damals ein Bestandsrückgang ein. Mitte des 20. Jahrhunderts gelangen noch einige Brutnachweise, aber seit 1977 gelten Wiedehopfe in NRW offiziell als ausgestorben. Damals brüteten Wiedehopfe an der unteren Lippe im Kreis Wesel. Der Status des Wiedehopfs könnte sich in Zukunft jedoch vielleicht wieder ändern. In allerjüngster Zeit gab es ganz vereinzelt wieder Meldungen mit Brutverdacht und sogar einzelne Brutnachweise wurden gemeldet. Ob sich die Art wieder dauerhaft bei uns ansiedeln wird, bleibt aber noch abzuwarten. In anderen Regionen Deutschlands gibt es seit einigen Jahren dank intensiver Bemühungen im Artenschutz wieder einen Bestandsanstieg. Allen voran die Bereitstellung von speziellen Nistkästen hat sich als erfolgreiche Maßnahme erwiesen. Schwerpunktvorkommen in Deutschland liegen in einigen Weinbauregionen des Südwestens (z.B. am Kaiserstuhl) und in Ostdeutschland, wo Wiedehopfe z.B. auf Truppenübungsplätzen brüten. Als südliche Art könnten Wiedehopfe in Mitteleuropa auch Gewinner des Klimawandels sein. NABU und LBV möchten mit der Art für eine Reduktion des Pestidzidverbrauchs werben – Wiedehopfe ernähren sich vor allem von bodenlebenden Großinsekten. In NRW war die Art ursprünglich in Streuobstwiesen und auf Heiden verbreitet – Wiedehopfe stehen damit stellvertretend für meist nährstoffarme offene und halboffene Lebensräume. Der Wiedehopf ist damit auch eine Schirmart, dessen Schutz auch anderen Tierarten wie z.B. dem Steinkauz und unzähligen Insektenarten helfen kann.

 

 

16.11.2021

Neue Studie: 600 Millionen Vögel in der EU weniger

Star
Starenbestände sind in vielen Gebieten der EU zusammengebrochen (© Hans Glader)

Immer noch wird die menschengemachte Biodiversitätskrise gesellschaftlich vielfach unterschätzt oder sogar geleugnet. Eine neue Studie zeigt jedoch eindrücklich, wie einschneidend diese Entwicklungen sind. Darin wurde die Bestandsentwicklung von 378 der 445 in der Europäischen Union heimischen Vogelarten seit 1980 untersucht. Das erschreckende Ergebnis: Bis 2018 gab es einen Bestandsrückgang um 17-19 %! Das entspricht etwa 560 bis 620 Millionen Vogelindividuen weniger. Vor allem meist einst besonders häufige Arten tragen zu dieser Entwicklung bei. Dies sind neben dem Haussperling - wenig überraschend - vor allem häufige Arten der Agrarlandschaft wie Feldlerche, Schafstelze, Feldsperling und Bluthänfling, aber auch Arten wie Girlitz und Star. Bei einigen Arten - u.a. Mönchsgrasmücke und Ringeltaube - gab es auch Bestandsanstiege. Von den im Bestand zunehmenden Arten gibt es heute etwa 341 Millionen Individuen mehr als 1980 - von den abnehmenden Arten sind es dagegen tatsächlich mehr als 900 Millionen Individuen weniger, so dass das Bild bei genauerer Betrachtung sogar noch negativer erscheinen kann! Interessanterweise machen jeweils acht im Bestand zunehmende und acht im Bestand abnehmende Vogelarten je etwa zwei Drittel der beobachteten positiven und negativen Veränderungen aus. Das Autorenteam unterstreicht, wie wichtig es ist, das Aussterben von Tierarten zu verhindern und Bestandszunahmen zu ermöglichen, so dass sich zusammengebrochene Bestände erholen.

Der Artikel wurde im Fachjournal Ecology and Evolution veröffentlicht und ist frei online verfügbar. Das internationale Team von Autorinnen und Autoren stammt u.a von der RSPB, von Birdlife International und der Tschechischen Gesellschaft für Ornithologie. Als Datengrundlage dienten Ergebnisse aus dem europäischen Vogelmonitoring, an dem sich auch viele NWO-Aktive beteiligen und für das wir immer weitere Interessierte suchen. Einen Überblick über die von der NWO organisierten Programme finden Sie hier.

 

 

03.11.2021

Bergfinkeneinflug in Mitteleuropa?

Bergfink
Bergfinken sind regelmäßige Wintergäste in NRW - 2021 deutet sich aber ein verstärkter Einflug an (© Angelika Meister)

Vielleicht ist es Ihnen auch schon aufgefallen? Diesen Herbst scheinen Bergfinken viel häufiger als in anderen Jahren. Bei Zugplanbeobachtungen ist der quäkende Ruf in ziehenden Finkentrupps mancherorts präsenter, in der Feldflur sieht man an Sonnenblumenstreifen teilweise große Finkentrupps mit vielen Bergfinken und auch größere artreine Trupps werden beobachtet. Auch hier im Garten der NWO-Geschäftsstelle waren diesen Herbst bereits Bergfinken anwesend - normalerweise erscheinen die Vögel hier eher etwas später im Jahr.

Bergfinken sind Brutvögel nordischer Wälder und brüten in Fennoskandien und weiter östlich in der Taiga. In manchen Jahren ist die Art als Durchzügler und Wintergast bei uns deutlich häufiger als in anderen Jahren. Manche Brutvögel des Nordens sind bei uns echte (hochwillkommene) Invasionsvögel. Immer wieder gibt es auch Bergfinken-Massenschlafplätze, die im Extremfall mehrere Millionen Individuen umfassen können. Ob es dieses Jahr in Mitteleuropa wieder dazu kommt, bleibt abzuwarten.

Vielleicht war der Bruterfolg dieses nordischen Brutvogels dieses Jahr gut und der Bestand ist angestiegen (2020 war ein Buchenmastjahr, wovon die Art wahrscheinlich profitiert), vielleicht ist die Nahrungsverfügbarkeit weiter nördlich aber auch aktuell schlechter und die Vögel weichen verstärkt aus. Die Gründe sind nicht ganz klar, aber es sieht jedenfalls so aus, als deutet sich ein verstärkter Einflug in West- und Mitteleuropa an. Dafür sprechchen auch Bergfinkenmeldungen aus dem Vereinigten Königreich (Bumper winter for brambling?) und aktuelle Daten aus dem Eurobirdportal. Im Vergleich zum Jahr 2020 wird das verstärkte Auftreten deutlich. In jedem Fall lohnt es sich, nach den schönen Finkenvögeln mit dem auffälligen Orange im Gefeder und dem weißen Bürzel Ausschau zu halten.

Wenn Sie selbst Bergfinken beobachten, melden Sie diese bitte bei ornitho.de, am besten im Rahmen von vollständigen Beobachtungslisten. Die ornitho-Meldungen gehen übrigens in das Eurobirdportal ein und tragen so dazu bei, das gesamteuropäische Vogelzuggeschehen zu dokumentieren.

 

 

20.10.2021

Jahrestagung der AG Greifvögel

Kornweihe
Kornweihe (© Hans Glader)

Am 24. Oktober findet die diesjährige Tagung der AG Greifvögel statt. Wir sind sehr froh, dass diese aktuell wieder stattfinden kann (3G-Bedingungen). In Schwerte treffen sich rund 40 Greifvogelinteressierte zum gegenseitigen Austausch. Es gibt ein spannendes Programm mit aufregenden Vorträgen, in denen neueste Forschungsergebnisse über mitteleuropäische Greifvögel und Falken vorgstellt werden. Prof. Dr. Krüger wird aus einem bereits 30 Jahre laufenden Forschungsprojekt an Greifvögeln berichten. Weitere Themen werden der Reproduktionserfolg von Rotmilanen (Jakob Katzenberger) und die großflächige Erfassung von Greifvögeln im Winter in Polen (Dr. Andreas Skibbe) sein. Die Ernährung des Schreiadlers wird ebenfalls Gegenstand eines Vortrags sein (Jan van Diermen). Abgeschlossen wird das Programm durch Ergebnisse einer Telemetriestudie am Mäusebussard in den Niederlanden (Gerard Müskens).

Wer spontan noch teilnehmen möchte, kann sich bei Jens Brune von der AG Greifvögel melden. Bitte beachten Sie, dass nur noch wenige Plätze frei sind, da die Teilnehmerzahl aktuell deutlich begrenzt werden musste.

 

 

14.10.2021

Rote Liste der Brutvögel Europas – große Sorgen um jede fünfte Vogelart

Bekassine
Die einst häufige Bekassine gilt nun auch europaweit als gefährdet (© Hans Glader)

Rote Listen sind ein wichtiges Instrument des Natur- und Artenschutzes. Die NWO gibt beispielsweise gemeinsam mit dem LANUV die Rote Liste der Brutvögel in NRW heraus. Rote Listen sind aber auch von internationaler Bedeutung. Global werden Rote Listen von der IUCN herausgegeben, die auch die wesentlichen Kriterien erstellt hat. Auch auf europäischer Ebene gibt es seit 1994 eine Rote Liste der Brutvögel. Gerade erschien nun die vierte aktuelle Ausgabe. Sie wurde von Birdlife International zusammengestellt und kann, was die Datengrundlage angeht, sicherlich als Mammutwerk bezeichnet werden.

Daten aus 54 Staaten wurden für die Erstellung der Roten Liste herangezogen – das untersuchte Gebiet reicht von Grönland und Spitzbergen bis zu den Kanarischen Inseln, Malta, Zypern, der Türkei und den Kaukasusstaaten. 544 Vogelarten wurden auf ihre Gefährdung hin analysiert: 13 % (71 Arten) sind gefährdet und weitere 6 % (35 Arten) stehen auf der Vorwarnliste („near threatened“). Weitere Arten zeigen negative Bestandsentwicklungen. Die Rote Liste bezieht sich vor allem auf den Zeitraum von 1980 bis 2018. Längst ausgerottete Arten wie Kanarenausternfischer und Riesenalk werden nicht betrachtet. Waldrapp und Laufhühnchen sind jedoch ebenfalls europaweit ausgestorben. Und ob der Dünnschnabel-Brachvogel überhaupt noch existiert, ist unklar. Steppenkiebitz, Weidenammer, der in Europa endemische Balearensturmtaucher und andere sind europaweit vom Aussterben bedroht.

Betrachtet man die Lebensräume, sind vor allem Arten der Agrarlandschaft, aber auch Arten der Meere und Küsten besonders gefährdet. Seevögel, Hühnervögel, Greifvögel und Limikolen sind die bedrohtesten Vogelgruppen. Von den 121 Trans-Saharaziehern (Langstreckenzieher) zeigt ein Drittel negative Bestandstrends.

Viele Beispiele geben auch aus NRW-Sicht Anlass zur Sorge: Wachtel und Kampfläufer sind nun auf der Vorwarnliste, der Merlin war 2015 noch ungefährdet, wurde in der aktuellen Auflage aber direkt als gefährdet eingestuft. Feldvögel wie die meisten Würger, Lerchen und Ammern nehmen im Bestand ab. Der Bestand der Saatkrähe hat europaweit um 30 % abgenommen - Grund ist wahrscheinlich die direkte Verfolgung. Positive Entwicklungen gibt es bei einigen wenigen Limikolen, allerdings vor allem durch regional begrenzte Bestandsanstiege, beim Großen Brachvogel durch einen Bestandsanstieg in Finnland, bei der Uferschnepfe durch einen Bestandsanstieg auf Island. Andernorts sieht es aber auch bei diesen Arten schlecht aus. Zu den Sorgenkindern gehören die auch in NRW akut bedrohten Watvögel Bekassine und Rotschenkel. Sie wurden nun auch europaweit als gefährdet eingestuft.

Eisvogel
Der Eisvogel wurde aus der Roten Liste entlassen, der Bestandstrend bleibt aber negativ (© Eckhard Lietzow)

Die identifizierten Ursachen spiegeln die Ergebnisse anderer Studien wider: Veränderungen in offenen Lebensräumen durch Landnutzungswandel, intensive Landwirtschaft und Flächenverbrauch sind wichtige Bedrohungsfaktoren. Greifvögel, deren Bestände sich durch ein Verbot der Verfolgung erholt hatten, sind durch den Rückgang ihrer Beutetiere gefährdet. Im Meer spielen Überfischung, Mortalität durch ungewollten Beifang, invasive Arten und Umweltverschmutzung eine große Rolle. Immer noch sind Jagd und Wilderei eine Bedrohung für die europäische Vogelwelt und der Klimawandel hat entweder schon jetzt zu Veränderungen der Verbreitungsgebiete geführt, oder dies wird für die nahe Zukunft prognostiziert.

Zwar gibt es europaweit eine Vielzahl von Positivbeispielen für erfolgreichen Vogelschutz, aber der Rückgang einst häufiger Arten zeigt auch, dass die Probleme großskalig und systemisch sind. Das Autorenteam der Roten Liste fordert vor diesem Hintergrund eine Biodiversitätsstrategie bis 2030 für den ganzen Kontinent (nicht nur als Teil des Green Deals für die EU). Dabei darf es auf keinen Fall zu reinen „Papiertigern“ kommen. Stattdessen müssen Maßnahmen auch umgesetzt werden. Insbesondere in den Bereichen Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei muss es dringend zu Reformen kommen. Der Klimawandel muss bekämpft werden und der Schutz mariner Arten und der von Zugvögeln erfordert wie letztlich aber wohl alle genannten Aspekte eine enge internationale Zusammenarbeit.

 

Weiterführende Informationen

Mitteilung von Birdlife International
European Red List of birds (Originalquelle)

 

 

06.10.2021

Wahl zum Vogel des Jahres 2022 – Kandidatencheck aus NRW-Sicht

Nachdem in den letzten Wochen im Bundestagswahlkampf die Biodiversitätskrise zumindest öffentlich weitestgehend ignoriert wurde, könnte sich das nun ändern, wenn auch leider nicht notwendigerweise auf politischer Ebene. NABU und LBV rufen wieder zur Wahl des Vogels des Jahres auf. Anders als im letzten Jahr, als unzählige Arten zur Auswahl standen, sind es nun nur noch fünf Vogelarten, die jedoch das Potenzial haben, Botschafter von Naturschutzthemen zu sein. Wir schauen im Folgenden in systematischer Reihenfolge, wie es um die nominierten Vogelarten in NRW steht.

 

Wiedehopf Upupa epops

Wiedehopf
Wiedehopf (© Hans Glader)

Wiedehopfe flechten zwar im Kinderlied der Braut den Zopf (oder bringen den Topf), dürften aber nur wenige Beobachter*innen live in NRW gesehen haben. Als Brutvögel gelten sie in NRW seit 1977 als „ausgestorben“. Damals brütete das letzte Paar an der unteren Lippe im Kreis Wesel. Einst waren Wiedehopfe in NRW jedoch ungemein häufige Vögel. Bestandsrückgänge setzten jedoch schon im 19. Jahrhundert ein und spätestens in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war die Art meist nur lokaler Brutvogel. In anderen Regionen Deutschlands gibt es jedoch seit einigen Jahren dank Naturschutzprojekten wieder einen Bestandsanstieg. Allen voran die Bereitstellung von speziellen Nistkästen hat sich als erfolgreiche Maßnahme erwiesen. Als südliche Art könnten Wiedehopfe auch Gewinner des Klimawandels sein. NABU und LBV möchten mit der Art für eine Reduktion des Pestidzidverbrauchs werben – Wiedehopfe ernähren sich vor allem von bodenlebenden Großinsekten. In NRW war die Art ursprünglich in Streuobstwiesen und auf Heiden verbreitet – Wiedehopfe stehen damit als Schirmart auch für andere bedrohte Vogelarten – nicht zuletzt auch für unseren Logovogel, den Steinkauz.

 

 

Mehlschwalbe Delichon urbicum

Mehlschwalbe
Mehlschwalbe (© Andreas Welzel)

Mehlschwalben sind in NRW vergleichsweise häufig und verbreitet, aber auch sie sind vielerorts nicht mehr so allgegenwärtig wie einst und bereits als Brutvögel aus vielen Innenstädten verschwunden. In der Roten Liste der Brutvögel NRWs gelten sie heute als „gefährdet“. Mehlschwalben brüten zwar auch in Gebirgen oder an Kreidefelsen, sind aber vor allem als Gebäudebrüter bekannt. Leider werden ihre Nester immer wieder zerstört, obwohl dies in der Regel eine Straftat darstellt. Ordnungswut und falsches Hygieneempfinden (richtig angebrachte Brettchen fangen den Kot auf und stören die Vögel nicht) sorgen dafür, dass Städte und Dörfer immer artenärmer werden. Im Siedlungsbereich besteht sicherlich Handlungsbedarf für den Artenschutz. Die Wahl der Mehlschwalbe würde auf die Wohnungsnot auch bei Arten wie Mauersegler und Haussperling aufmerksam machen. In NRW kümmert sich unsere AG Gebäudebrüter sehr intensiv um den Schutz dieser Arten und gibt zahlreiche praktische Tipps. Eine Vogel-des-Jahres-Kampagne könnte hier wichtige Aufklärungsarbeit leisten.

 

 

Steinschmätzer Oenanthe oenanthe

Steinschmätzer
Steinschmätzer (© Darius Stiels)

Vielleicht ist der Steinschmätzer der unbekannteste Vogel unter den Kandidaten. Er ist aber auch gleichzeitig einer der bedrohtesten Vogelarten NRWs und laut Roter Liste akut „vom Aussterben bedroht“. Die letzten regelmäßigen Brutvorkommen in NRW befinden sich in den Braunkohletagebauten des rheinischen Reviers. Mit dem (ansonsten dringend notwendigen) Ende des Abbaus und der nachfolgenden Rekultivierung ist das Aussterben des schönen Vogels aber vielleicht sogar vorprogrammiert. Lebensräume wie Kiesgruben oder Heiden und Brachen werden in NRW seit langer Zeit kaum noch besiedelt. Nach dem Krieg siedelten Steinschmätzer noch häufig in den Trümmerwüsten der zerstörten Städte. In anderen Regionen Deutschlands gibt es zwar teils Schutzmaßnahmen für die Art, in NRW gibt es bisher aber kaum Erfolge in dieser Richtung. Unsere hypertrophe Landschaft bietet wohl keine geeigneten Lebensräume mehr, aber Aufgeben sollte doch noch keine Option sein. Als Durchzügler sind Steinschätzer in der Agrarlandschaft zu den Zugzeiten recht häufig zu sehen. Sie gehören zu den Weltmeistern unter den Zugvögeln und ziehen von ihren Brutgebieten in der Arktis bis nach Afrika und zurück. Steinschmätzer können damit Botschafter zwischen den Kontinenten sein und für die Faszination des Vogelzugs werben.

 

Feldsperling Passer montanus

Feldsperling
Feldsperling (© Eckhard Lietzow)

Otto le Roi bedachte Anfang des 20. Jahrhunderts in seiner sonst so ausführlichen Avifauna der Rheinprovinz den Feldsperling nur mit wenigen Zeilen. Zu Häufigkeit und Verbreitung findet sich vor allem ein Wort: „allenthalben“. Zusammen mit Haussperling und Feldlerche gehörte der Feldsperling zu den drei häufigsten Vögeln der Region. In Westfalen dürfte es damals auch nicht viel anders ausgesehen haben. Heute gilt die Art als „gefährdet“, ist aber immerhin noch fast landesweit verbreitet. Die Einschätzung des NABU, dass wohl jede*r schon mal einen Feldsperling gesehen hat, halten wir auf NRW bezogen aber für sehr gewagt. An nur wenigen anderen Arten zeigt sich wohl gerade das „Vogelsterben“ in NRW so deutlich. Dies betrifft auch den Siedlungsraum, wie eine jüngst veröffentlichte Studie aus Bonn gezeigt hat. Feldsperlinge sind Höhlenbrüter, die in Baumhöhlen (z.B. in alten Obstbäumen) und Nistkästen brüten. In NRW finden sich viele Brutplätze auch in Mittelspannungsmasten. Mit der Erneuerung der Masten gingen viele Brutplätze verloren, ohne dass Ersatz geschaffen worden wäre. Feldsperlinge stehen aber insgesamt stellvertretend für eine lebenswerte Kulturlandschaft.

 

 

Bluthänfling Linaria cannabina

Bluthänfling
Bluthänflingspaar (© Eckhard Lietzow)

Hänflinge müssen einst so häufig gewesen sein, dass sie jede*r kannte und sie sprichwörtlich für einen dünnen Menschen wurden. Im Jahr 2014 holte die niederländische Band „The Common Linnets“ Platz zwei beim Eurovision Song Contest. Sicherlich keine schlechten Voraussetzungen für einen Kandidaten für die Wahl zum Vogel des Jahres. Bluthänflinge gehören zu den wenigen heimischen Brutvögeln, die selbst ihre Jungen mit pflanzlicher Nahrung versorgen. Sie brauchen dazu Brachen und Raine, nicht asphaltierte Feldwege und andere Strukturen, die man in der Kulturlandschaft selten findet. LBV und NABU möchten mit dieser Art für mehr Hecken werben und tatsächlich finden sich dort häufig Nistplätze. Bluthänflinge brüten aber vielfach auch in Tannenbaumkulturen oder leben in Weinbergen. Bluthänflige stehen damit für eine reichhaltige Kulturlandschaft voller ökologisch wertvoller Strukturen.

 

 

 

Weiterführende Links

Rote Liste der Brutvögel in NRW
Rote Liste der wandernden Vogelarten in NRW
Mehlschwalbe im Brutvogelatlas
Steinschmätzer im Brutvogelatlas
Feldsperling im Brutvogelatlas
Bluthänfling im Brutvogelatlas

 

 

29.09.2021

Eulentagung in Münster

Steinkauz
Steinkauz auf Insektenjagd am Boden
(© Angelika Meister)

Vom 15. bis 17. Oktober findet die nächste bundesweite Eulentagung statt. Wie in den letzten NWO-Mitteilungen bereits angekündigt, findet sie dieses Jahr in Münster statt. Die NWO freut sich sehr darüber, diese Veranstaltung gemeinsam mit der AG Eulen ausrichten zu dürfen.

Mittlerweile steht das detaillierte Programmund zahlreiche Teilnehmende werden erwartet. Die Themen sind breit gestreut und betreffen verschiedene Aspekte des Schutzes und der Ökologie heimischer Eulenarten. Ein Schwerpunkt wird dieses Jahr - dem Tagungsort im Münsterland angemessen - auf Steinkauz und Schleiereule liegen.

Wir werden Sie an dieser Stelle weiter auf dem Laufenden halten und nach der Tagung einen etwas ausführlicheren Rückblick geben.

 

 

07.09.2021

Beobachtungstipp: Ungewöhnliche Limikolenrast im Rheinland

Bekassine
Bekassinen sind auf Feuchtgebiete zur Rast angewiesen (© Hans Glader)

Spätsommer und Frühherbst sind die beste Zeit, um Limikolen zu beobachten. Die meisten Watvögel sind hochnordische Brutvögel, die im Taigagürtel oder der arktischen Tundra brüten. Nur einige wenige Arten sind (hochgradig bedrohte oder sogar schon hier ausgestorbene) Brutvögel in NRW. Auf dem Wegzug machen jedoch viele Arten Rast in Mitteleuropa. Wohl den meisten Vogelbeobachter*innen sind die großen Schwärme im Wattenmeer der Nordsee bekannt. In NRW gibt es dagegen nur noch wenige Gebiete, die als Rastgebiete für Watvögel gut geeignet sind. Am bekanntesten sind sicherlich die Rieselfelder Münster sowie einige wenige Flächen wie die Flutmulden an der Bislicher Insel und einige Schutzgebiete in Westfalen. Andernorts wurden vielfach Wiesen und Äcker drainiert, Flüsse begradigt, Klärteiche fielen dem Braunkohletagebau zum Opfer und geeignete Restflächen sind oft von Menschen überlaufen. Umso erfreulicher, dass es diesen Spätsommer gleich aus zwei Gebieten positive Nachrichten gibt.

In der Rheinaue Walsum in Duisburg hat das letzte Hochwasser einige spannende Feuchtbereiche hinterlassen. Für die Region unglaubliche 17 Limikolenarten wurden hier in den letzten Wochen beobachtet. Unter diesen waren Besonderheiten wie Pfuhlschnepfe und Zwergstrandläufer. Dazu kommen tolle Arten wie Seidenreiher, Löffler oder auch ein rastendes Blaukehlchen. Außergewöhnlich und besonders erfreulich ist, dass die meisten Daten über Rastvögel dort durch zwei Jungornis (12 und 16 Jahre alt) erhoben wurden. Die Biologische Station Westliches Ruhrgebiet berichtet über das Rastvorkommen ausführlich auf Ihrer Facebookseite.
Als wäre das noch nicht genug erreichen uns aus dem südlichen Rheinland vergleichbare Meldungen. Wachtberg-Gimmersdorf im Rhein-Sieg-Kreis hatten wohl bisher die wenigsten Watvogel-Fans auf der ornithologischen Landkarte. Eine kleine Feuchtfläche in der Agrarlandschaft hat unter den lokalen Ornis in den letzten Wochen dort für einigen Wirbel gesorgt. Insgesamt wurden dort dort mittlerweile 14 Limikolenarten (13 in den letzten Wochen) beobachtet. Darunter waren lokale Besonderheiten wie Kiebitzregenpfeifer und Zwergstrandläufer, aber auch andere Rastvögel wie Schwarzstorch und Spießente sind für das Vorgebirge ganz außergewöhnlich. Mehr Informationen gibt es auf der Homepage der OAG Bonn.

Die beiden Beispiele zeigen wie aufregend Vogelbeobachtung vor der eigenen Haustür sein kann, sie unterstreichen aber auch die Ergebnisse der Roten Liste wandernder Vogelarten, auf der sich leider wenig überraschend mehrere der beobachteten Arten wiederfinden lassen.

 

 

05.09.2021

Beginn der Zählsaison beim Kormoranmonitoring

Kormoran
Startender Kormoran (© Hans Glader)

Mitte September beginnt wieder die Zählsaison unseres Kormoran-Monitorings. Zahlreiche ehrenamtlich Aktive zählen die Vögel abends an ihren Schlafplätzen. Die Zählungen finden jeweils zur Monatsmitte zwischen September und März statt. Aufgrund der Phänologie der Art sind besonders die Zahlen aus dem Oktober und Januar von Interesse, aber auch aus den anderen genannten Monaten werden Daten immer erwünscht.

Die erhobenen Daten dienen als Basis für die Bewertung der aktuellen Situation des Kormorans in NRW, zur Dokumentation der langfristigen Entwicklung der Durchzug- und Winterbestände. Sie sind auch Grundlage der Bewertung des Einflusses der Kormorane auf Fischbestände - ein Thema, welches oft sehr emotional behandelt wird und bei der eine gute Datengrundlage für jegliche Diskussion unabdingbar ist. Volker Laske verwaltet die Daten für die NWO und stellt regelmäßig Berichte zusammen. Das LANUV (Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz) kauft die Daten im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung mit der NWO auf und kann sie für Auswertungen nutzen.

Wer mehr über die Kormoranzählung wissen möchte oder sich an der Zählung beteiligen möchte, findet hier weitere Informationen.

 

 

17.08.2021

Hinweise zur Suche nach Mornellregenpfeifern

Mornellkarte
Mornellregenpfeifer-Beobachtungen in NRW aus ornitho 2016-2021 (ornitho-regioportal)

Jetzt im Spätsommer, etwa zwischen Mitte August und Mitte September, ist es wieder so weit: Eines der spannendsten Phänomene des Vogelzugs im Binnenland Mitteleuropas lässt sich nun wieder beobachten. Auf frisch gegrubberten Äckern, oft in Kuppen- oder auf leicht südwestexponierten Hängen rasten an traditionellen Plätzen wieder Mornellregenpfeifer. Überfliegende Vögel werden oft anhand ihrer Rufe entdeckt. In NRW gibt es zwei recht gut bekannte Rastpllätze, das eine befindet sich in der Hellwegbörde, das andere in der Zülpicher Börde. Auch in anderen Regionen Deutschlands, gibt es vor allem in der Mittelgebirgsregion einige bekannte Rastplätze. Erfahrungsgemäß sind jetzt wieder viele Beobachter*innen unterwegs. Wer unterwegs ist, sollte einige Hinweise beachten, denn immer wieder kommt es zu Störungen der Vögel oder auch zu Konflikten mit der Landwirtschaft. Fast überall gilt Wegegebot, Feldwege dürfen nicht zugeparkt werden (und oft auch nicht befahren werden). Vor allem aber hat das Wohlergehen der Vögel immer Vorrang. Mornells gelten zwar als wenig störempfindlich, aber das muss keineswegs immer gelten - wenn sich die Vögel von Beobachter*innen wegbewegen, sind diese wahrscheinlich doch zu nah. Ein kräftezehrendes Auffliegen sollte unbedingt vermieden werden. Große Menschenansammlungen stören unter Umständen mehr als einzelne Beobachter*innen - vielerorts bitten lokale Ornis und auch Biologische Stationen darum, die Vögel punktgenau und geschützt in ornitho einzutragen bzw. gezielte Suchen vorher abzusprechen! Wer unsicher ist, kann sich ggf. bei seinen ornitho-Regionalkoordinator*innen erkundigen.

Bei all den Vorsichtsmaßnahmen bleibt die Suche nach Rastplätzen - auch zum Schutz dieser Art - wichtig. Wer Mornells suchen möchte, sollte also vor allem mal in den Gebieten nachsuchen, die bisher weniger gut abgedeckt sind. Es würde nicht überraschen, wenn es noch Rastplätze gibt, die wir bisher nicht auf dem Schirm haben. Übrigens, auch Negativkontrollen sich wichtig und sollten in ornitho eingetragen werden. Die aktuelle Verbreitungskarte zeigt, dass Mornellregenpfeifer fast überall in NRW auftauchen können. Und spannende Beobachtungen sind zu dieser Jahreszeit in der Feldflur nahezu garantiert. Viele andere Vögel ziehen nun durch und überfliegende Stelzen und Pieper (inlusive Brachpieper) sowie durchziehende Greifvögel wie Weihen und Milane oder Falken wie der Rotfußfalke werden immer wieder bei der Mornellregenpfeifersuche entdeckt.

Weitere Informationen zur Mornellregenpfeifersuche gibt es auf ornitho.de.